Hallo zusammen,
Ich würde ganz gerne weitere Meinungen ausser die von meinem Treuhänder zu folgendem Fall erhalten.
Wie hier im Forum schon einmal erklärt, erfolgt die Abgrenzung zum Hobby/Liebhaberei aufgrund folgender Kriterien:
Die selbständige muss von der unselbständigen Erwerbstätigkeit (Arbeitnehmer), der Ausübung eines Hobbys oder der Verwaltung des Privatvermögens unterschieden werden. Zu dieser Abgrenzung existiert eine langjährige Rechtsprechung.
Die Tätigkeit des selbständig erwerbenden Steuerpflichtigen umfasst demnach:
- Einsatz von Kapital und Arbeit;
- frei gewählte Organisation;
- auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko;
- Gewinnabsicht;
- Dauerhaftigkeit;
- Planmässigkeit;
- Sichtbarkeit nach aussen (Marktpräsenz).
Die restlichen gestatten eine Abgrenzung der selbständigen Erwerbstätigkeit gegenüber der Liebhaberei (Hobby) oder einzelnen nicht steuerbaren Handlungen.
In meinem Fall handelt es sich um eine Startup, die eine Software zur Verbesserung des SEO (Search Engine Optimierung) erstellt. Ich mache dies im Nebenjob, ein Lieferant, ein Programmierteam in Osteuropa, wurde jeden Monat regelmässig bezahlt.
Das Projekt wurde im 2019 gestartet, allerdings erfolgt der Verkauf erst ab Mitte 2021. Der Grund ist, dass zunächst die Software, ein „Minimum Viable Product“, erstellt werden musste und wir die Kosten im Rahmen halten wollten.
Für das Jahr 2019 wurde die Gewinnabsicht meiner Einzelfirma nicht anerkannt. Für die Steuer ist es ein Hobby. Der Steuerkommissär hatte es insbesondere mit Punkt 4 bis 7.
Im Detail verlangte er einen geeigneten Nachweis der Gewinnstrebigkeit der selbstständigen Tätigkeit mittels:
a) Aussagen über Finanzierung
b) Kapitalbedarf und Verwendung
c) Kapitalherkunft
d) Erwartete Rendite
e) Planbilanz
f) Planerfolgsrechnung
g) Liquiditätsplan und Investitionsplan
Auch verlangte er die Aktivierung der Investitionskosten. Zunächst hatten wir die Softwareentwicklung komplett als Kosten angegeben.
Insbesondere unter Punkt 4 befand er, dass eine Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr nicht stattgefunden hat und keine kommerzielle Absicht besteht.
Mit Hilfe des Treuhänders haben wir folgendes getan:
- Wir haben die Dokumente a) bis g) eingereicht, wir hatten die sehr hilfreiche Software Lifeplan benutzt.
- Wir haben die Software aktiviert, damit den Verlust um ca. die Hälfte reduziert. Dokumentation im Sinne von Forschungskosten verblieb nicht aktiviert.
- Einen Business Case eingereicht.
Obwohl die Dokumente sehr gut aussahen, wurde der Verlust mit der Firma nicht anerkannt.
Dies lag möglicherweise daran, dass dieses Dokument zu spät eingereicht wurde. Gerne lest Ihr es, wenn dieser Beitrag Euch interessiert.
Aktueller Status: Wir haben den Einschätzungsentscheid erhalten und bereiten den Einspruch vor.
Fragen:
- Habt Ihr schon mal von ähnlichen Gerichtsentscheiden für Startups bzw. von „langen Anlaufphasen“ ohne Verkauf gehört?
- Die Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr ist generell für ein IT-Startup schwierig, weil am Anfang erst die Software entwickelt werden muss und man eine nicht fertige Software nicht verkaufen oder präsentieren kann.
- Kann es sein, dass man erst mal die Software komplett aktivieren muss, und somit keinen Verlust erzielt? Wie ist dies mit den Buchhaltungsgrundsätzen vereinbar?
- Gewinnerzielung kann über zwei Wege geschehen:
A) einmal durch Verkauf,
B) andererseits auch durch Webseiten, die potentiell ihren immateriellen Wert andauernd steigern, was wiederum zu Gewinn führt bzw. dann später zu Verkauf.
Was haltet Ihr von dieser Argumentation?